Die Stücke von The Kasper Collusion mäandern zwischen eigenartigen musikalischen Fragmenten und einer Erinnerung daran, dass sie einmal einfach nur schöne Songs gewesen sein könnten. Immer wieder blitzen Momente auf, die vermuten lassen, dass diese Lieder einen langen Weg gegangen sind um endlich in dem Nirgendwo anzukommen, das jetzt ihren musikalischen Resonanzraum bildet. Lässt man sich auf die Musik ein, muss man zugeben, dass hier jedenfalls kein Jazz gespielt wird – und auch sonst nichts, was man irgendwie einordnen kann. Wer die meisten landläufig angebotenen Songs nicht mehr ertragen kann, sie zugleich aber dringend braucht, könnte das mögen.

Die Texte stehen gelegentlich in einem merkwürdigen Widerspruch zu dieser musikalischen Ästhetik. Man weiß nicht genau, wer da zu einem spricht: ist es ein Songwriter, der seine Befindlichkeiten und Ansichten mitteilt? Das würde zu der musikalisch entfalteten Songskepsis nicht so recht passen. Hält man sich an den Titelsong, schwankt hier jemand zwischen (politischer) Wut und dem Verlust eben dieser – und dann noch der Wut auf jene, die nicht einmal schwanken. Humor ist auch da, wenngleich nicht leicht zu entdecken. So zum Beispiel in einem sarkastischen love song, der sich an die beiden ehemaligen Pressesprecherinnen des US State Departments richtet. 

Die drei Akteure der Collusionsind in unterschiedlichen Szenen und Zusammenhängen zu Hause. Achim Tang (Kontrabass) wird heute in der Improvisierten Musik verortet, nachdem er in seiner Karriere eine Vielzahl an musikalischen Stationen passiert hat. Zentraler Aspekt seiner Arbeit ist die Beschäftigung mit dem Kunstbegriff aus einer soziokulturellen Perspektive und die kritische Auseinandersetzung mit der Reduzierung des Musikers auf die Rolle eines Instrumentalisten.

Kurt Fuhrmann (Schlagzeug) interessiert sich für Zwischenbereiche, in denen die Musik ihre Tiefe und Intensität gewachsener Formen zeigen kann und sich gleichzeitig überraschenden Klangfarben, formalen Experimenten und improvisatorischer Freiheit öffnet. Er arbeitet mit klassischen Musikern, zeitgenössischen Komponisten und Akteuren der Improvisationsszene zusammen, spielt mit Flamencosolisten und Indiebands und produziert elektronische Musik. 

Der Songwriter Franz Kasper (Gesang, Gitarre) gilt seit seinem ersten Album THE FREE-WHEELING, dem fünf weitere folgten (u.a. MAN WITH A DOGDID THE DEVIL NOT CORRUPT YOU?) als die erratische Figur der deutschen Indiemusik und „bleibt einer der eigenartigsten, unentdecktesten Sänger“ (Rolling Stone).

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Rezensionen zu „Losing it“ (07/2019)

Kaspers Musik tangiert Folk, Rock, Country, liefert auf dem neuen Album sperrige Jazz-Experimente und eingängige Pop-Minimalismen in Folge – aber alles scheint in Fragmenten zu existieren. Franz Kaspers erste Platte ,The Free Wheeling‘ erschien 2001, und schon damals war seine musikalische Mischung irgendwie unfassbar und gut. Sie ist es bis heute, wie ich eben beim Reinhören erlebt habe. Und bedenkt man, welche Neo-Folk-Banalitäten uns in den vergangenen Jahren von manchen vollbärtigen Wichtigtuern als innovatives Songwriting präsentiert wurden, ist The Kasper Collusions ,Losing It‘ ein künstlerischer Kosmos geworden, mit dem man ohne Langeweile den Rest seines Lebens verbringen kann. Kontrabassist Achim Tang und Schlagzeuger Kurt Fuhrmann sind u.a. in der Improvisierten Musik aktiv, aber anscheinend ebenso vielseitige Künstler wie Franz Kasper, die seine Melodien, Minimal-Chords und Texte simultan auf mehrere Ebenen zu ziehen scheinen, damit sie sich selbst verstärken, hochschaukeln und wieder auslöschen. Dieses Aufbauen und (De)fragmentieren von Songs habe ich vor gefühlt 700 Jahren zuletzt bei einem Kontakt von Jeff Buckley erlebt. Und ein paar Tracks weiter fühle ich mich dann an Keziah Jones erinnert …? Ja, das geht. Ein eigenwilliger Musiker. „Lässt man sich auf die Musik ein, muss man zugeben, dass hier jedenfalls kein Jazz gespielt wird – und auch sonst nichts, was man irgendwie einordnen kann. Wer die meisten landläufig angebotenen Songs nicht mehr ertragen kann, sie zugleich aber dringend braucht, könnte das mögen“, sample ich jetzt mal kurz den Info-Text des Künstlers zu seinem Werk. Keine weiteren Fragen. 
Gitarre&Bass, Nov 2019

http://www.gaesteliste.de/review/show.html?_nr=17888

https://www.rootstime.be/CD%20REVIEUW/2019/JULI1/CD35.html

LP-Magazin 01/20

http://www.franzkasper.com